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Buchtipp: Nora Eckert „Wie alle, nur anders – Ein transsexuelles Leben in Berlin“

Weltliteratur schafft es natürlich, das Unbewusste von sehr vielen Menschen zu berühren. Dennoch es gibt unter den Klassikern sehr viel Zäh- und Langweiliges, das sich dann doch nur als Einschlaflektüre eignet, um kurz darauf unter dem Bücherstapel zu verschwinden. Anders erfrischend, modern, witzig und ergreifend ist dem gegenüber die Autobiographie von Nora Eckert.

Sie beschreibt ihr Ankommen in Berlin-Kreuzberg der 70er Jahre – als eine große „Verheißung“ und „ein Konglomerat aus unendlichen Möglichkeiten“. Seit den 70er Jahren pilgerten viele Menschen aus der ganzen Welt in die Metropole : denn die „herzliche, ruppige, nie nachtragende Art der Berliner*innen“ verzaubert noch heute. Genau wie Iggy Pop oder David Bowie zu den Nachtigallen der Stadt gehörten, so wird Nora Eckert Teil dieser Szene. Arbeitet in Nachtclubs an der Garderobe, hängt mit schwulen, lesbischen und transsexuellen Freund*innen ab und trotzt so der Provinz, in der sie sich immer allein und verlassen fühlte.

Sie reflektiert sehr humorvoll ihren ganz persönlichen Weg einer Transition. Hormonpräparate holt sie sich auf dem Schwarzmarkt, sie geht zunächst als Mann Frauenkleidung kaufen, dann ist sie 24 Stunden eine Frau. Die Behörden scheinen von einer Namensänderung damals völlig überfordert.

Irgendwann beschließt sie dem Berliner Nachtleben den Rücken zu kehren und findet im Schreiben von Opern- und Theaterkritiken ihre Erfüllung und Glück. Für alle, die wie alle, nur anders sind ein absolutes Lese-Highlight.

 

11/2022